Con-Bericht CC5 (ohne In-Time-Geheimnisse)

Ankündigungen und Informationen zu Spielen der Phönix-Carta

Moderator: Spieler Moderator

Antworten
Benutzeravatar
Ewa Baumgarten
König
Beiträge: 591
Registriert: Mo 28. Jul 2003, 18:24
Wohnort: Hamburg
Kontaktdaten:

Con-Bericht CC5 (ohne In-Time-Geheimnisse)

Beitrag von Ewa Baumgarten »

Ich saß an einem der langen Holztische im großen Eingangsraum und starrte ins Leere. Die Fenster des großen Anwesens waren verhängt, um den Sonnenscheuen unter den Anwesenden maximale Freiheiten zu erlauben. Das war wichtig, denn ich musste mich konzentrieren.
Die Runen waren tückisch. Ich hätte sie gehasst, wenn ich die Energie dazu aufgebracht hätte. Wieder und wieder kämpften sie gegen die Feder an. Wieder und wieder war ich gezwungen, Wörter und Sätze durchzustreichen. Mir gegenüber saß mein Meister und unterhielt sich mit einem der anwesenden Magi. Ich hörte mit halbem Ohr zu, wie immer, denn eine gute Adeptin ist immer dann da, wenn sie gebraucht wird. Ich schnappte einige Gesprächsfetzen auf, die Worte "Verpflegung", "Expedition", "Finanzen" und "Aufbruch" drangen an meine aufmerksam gespitzten Ohren. Die beiden sprachen leise, so, als sollte niemand mithören. Doch die Ohren meines Volkes sind scharf - und ich, weit weg von meinem neuen Zuhause, musste doppelt aufmerksam sein.
Die Runen widersetzten sich der Feder, die sie aufs Papier bannen sollte. Die sonst so geschwungenen Formen wirkten ungelenk und kantig, und immer wieder musste ich etwas durchstreichen. Bald war das ganze Blatt bekleckst mit schwarzer Tinte.
Ich strich mir das Haar hinters Ohr und zog den großen Kerzenleuchter neben mir näher. Ehe ich es verhindern konnte, tropfte Wachs auf das Papier. Ich versank immer tiefer in Selbstmitleid. Die Runen würden mir nie gelingen, und ich würde meinen Meister nie zufriedenstellen können.
Aber hatte ich ihn nicht eben im Gespräch mit einer der Magierinnen meine Arbeit loben hören? "Wenigstens kann sie lesen. Aber das macht sie gut." War da nicht Stolz in seiner Stimme gewesen? Ein geradezu überschwängliches Lob, sicher hatte er nicht gewollt, dass ich es höre, aber ich würde lange davon zehren können.
"Irgendwie sehe ich die nächste Erzmaga der Serpentis Cabale in dir", hatte er gesagt. Es war ein gutes Gefühl, das von den Erinnerungen ausging, kühl und sanft wie die Schneedecke Cahirsheveens. In diesem Moment hatte ich mich für alles entschädigt gefühlt. Für zahllose Stunden, in denen ich Texte abschrieb, übersetzte und sie in der Schrift der Menschen auf glattes Papier bannte. Für unzählige Male, in denen ich schreiend am Boden gelegen hatte und bereit gewesen war, mir das Fleisch von den Knochen zu reißen, damit es nicht mehr schmerzte. Für die Ungerechtigkeit, die mir widerfahren war, und das Wissen, dass ich sie verdient hatte.
Trotzdem würde er mich für diese Kritzelrunen bestrafen.
Ich spürte, wie das Selbstmitleid meine Augen feucht werden ließ, als sich plötzlich Schritte näherten. "Shafal, wir müssen uns Eure Adeptin kurz ausborgen!" Es war die Stimme des Zwerges.
All meine Instinkte schlugen Alarm. Was wollte der Zwerg mit mir?
Als sie das erste Mal kamen, ging es darum, einem der Adepten der Cabal der Träume zu zeigen, wie viel Glück er mit seinem Lehrmeister hatte. Der böse Meister Dorem hatte mich von weit oben herab fixiert, während er seinem Schüler eine Standpauke hielt, und ich war froh gewesen, mich wieder in meiner Ecke verkriechen zu können.
Beim zweiten Mal ging es darum, mich einen Text übersetzen zu lassen. Hinterher hatten sie mir alle meine Abschriften geklaut. Ich würde sie irgendwie zurückbekommen müssen, meinen Fehler irgendwie vertuschen, sonst würde ich die Konsequenzen tragen müssen.
Mit Sicherheit würde ich dieses Mal nicht so glimpflich davonkommen. Das Selbstmitleid wurde zu Angst, die an der Schwelle zur Panik verharrte.
War es klüger, zu meinem Meister zu gehen und zu fragen, ob er meine Hilfe brauchen würde? Oder sollte ich so tun, als ob ich mich auf die Runen konzentriert hätte?
Gerade, als ich entschieden hatte, nichts gehört zu haben, legte sich eine Hand auf meine Schulter. Vor Schreck fuhr ich zusammen und hätte beinahe die Tinte verschüttet.
Ich blickte in das dunkle Auge des hochgewachsenen Brakaz Sarr. "Wir brauchen Euch für einige... Experimente", sagte er. Seine Worte wirkten getragen, wie immer, und seine Stimme war gedämpft. Meister Brakaz war der - in meinen Augen - gefährlichste der hier anwesenden Magier. Ich wusste, dass sich hinter seinem funkelnden braunen Auge ein wacher Verstand verbarg - und dass ein Dämon durch die Augenklappe auf mein entsetzes Gesicht starrte. Einmal hatte ich ihn ohne sie gesehen und beschlossen, ihn zu fürchten.
Er hatte beschlossen, sich mit einer weißen Robe zu tarnen, aber ich fiel nicht darauf herein. "Würdet Ihr uns helfen?"
Ich schluckte. Ängstlich sah ich zu Shafal, der meinen Blick erwiderte.
"Meister...?" fragte ich flehend. Er wedelte nur mit der Hand.
Resignierend trottete ich Meister Brakaz und Meister Rammock hinterher, in den Nebenraum. Dort wies der Zwerg auf eine Bank, die an der Wand stand. Die Zauberer des Magischen Zirkels unterhielten sich, und ich konnte den Gestank von verkohlten Ingredienzen aus der Küche riechen, wo diese Kaufgut-Menschenfrau vermutlich gerade tödliches Gift zusammenbraute. War es hier vorhin auch schon so dunkel gewesen?
Ich setzte mich auf die Kante der schmalen Bank, bereit, wegzulaufen, bereit, Magie zu wirken. Der Zwerg setzte sich neben mich, etwa einen Meter zu dicht für meinen Geschmack. Er lächelte immer noch. Es ist immer ein schlechtes Zeichen, wenn ein Magus mir zulächelte, denn dann folgte meistens ein Zauberspruch.
Meister Brakaz baute sich mir gegenüber auf.
Sie brauchten mich für einige Experimente?
Ich hatte Angst! Ich wollte hier weg! Meine Blicke irrten durch den Raum, auf der Suche nach einem Fluchtweg, einem Versteck. Aber würden sie mich nicht auf jeden Fall finden? Nein, alles was mir blieb, war Flucht!
"Brakaz möchte eine... alternative Form der Magie lernen." Meister Rammock lächelte mir beruhigend zu, eine Geste, die ihre Wirkung völlig verfehlte. Sicher wollte der Einäugige mich mit einer Rune des Unsichtbaren Würgers auf der Stelle töten! Oder er wollte mich unter seinen Willen zwingen und die Geheimnisse meiner Cabal aus mir herauspressen. Oder er würde mich unter dem Spruch der Qualen leiden lassen... aber das war ich gewohnt. Es war meine eigene Schuld - ich war eine schlechte Adeptin bisher, ich hatte es nicht einmal geschafft, meine Runen zu lesen. Und jetzt würden Brakaz Sarr und Rammok Eisenschild mich töten - und ich würde mit dem Wissen sterben, Meister Shafal enttäuscht zu haben...
... und jetzt versperrte der Mensch mir den Fluchtweg...
Dann rückte der Zwerg plötzlich neben mich, legte mir den Arm um die Schultern und riss mich aus meinen Gedanken. Hilfe! schoss es mir durch den Kopf. Sicher war er gefährlich, und ganz sicher wollte er mich töten! Verdammt, die Gruppe des Magischen Zirkels, was wollten die? Warum standen die jetzt nicht mehr da hinten, um den Tisch herum? Was gab es hier zu sehen?
Ein Zauber, ein Zauber, schnell ein Zauber!
Ich hatte nichts, was mir hätte helfen können. Meine Magie hätte gegen einen einzelnen Menschen geholfen - aber nicht gegen eine ganze Gruppe. Ich spürte, wie die Spitzen meiner Ohren sich verhärteten. Mein ganzer Körper spannte sich, um mein Vis besser zu leiten.
"Timiditas es cum..." formten meine Lippen den Zauberspruch, der die Energie der animistischen Sphäre auf die Welt lenken und mir den Zwerg vom Hals schaffen würde. Wenigstens ihn, vielleicht würde ich dann wieder klar denken können!
Aber dann siegte die Vernunft - die Angst vor meinem Meister über die Angst vor dem Zwerg. Meister Shafal mochte Rammock - er würde mich sicher dafür bestrafen, wenn ich dem Zwergen etwas antat.
Außerdem wäre er sicher nicht erfreut, wenn die beiden Magi mich kaputt machen oder mir irreparable Schäden zufügen würden - was diesen nicht gelegen sein konnte. Mein Leben war also erst einmal in Sicherheit. Und, schließlich und endlich, hatte ich ja nichts, womit ich mich den beiden Magiern entgegenstellen konnte - auch, wenn ich mit meinem ersten Zauber den Zwerg außer Gefecht setzte, war da immer noch Brakaz Sarr... und die Menschen dort an der Wand! Immerhin waren sie alle Menschen, Elfen und Zwerge - würden sich mir entgegenstellen, weil sie mein Volk hassten...
"Somnus venit - schlafe!" hörte ich da.
Das war alles? Sie wollten nur, dass ich schlafe? Nein, sicher würden sie mich im Schlaf töten, oder sie würden mich mit dem Qualen-Zauber wecken, oder...
aber der Zwerg war so schön weich und so warm... und ich war so müde...

Ich erwachte Sekunden später. Verwirrt fuhr ich hoch, blickte auf Brakaz Sarr. Ich fühlte mich verschlafen, verwirrt und zerschlagen.
"Was?" fragte ich verwirrt, als Meister Brakaz schon wieder zauberte. "Somnus venit - schlafe!" Und schon wieder fühlte ich den Schlaf, ohne ihm widerstehen zu können.

Als ich das nächste Mal erwachte, war mein Hals steif. Es kostete mich Mühe, den Kopf zu heben.
Ich öffnete die Augen mühsam und löste mich von dem Zwerg. Ich hatte offenbar lange geschlafen, denn mein ganzer Rücken tat weh. "Habt Ihr den Qualen-Zauber gepatzt?", fragte ich Meister Brakaz nach einem entsetzten Blick auf den dünnen Blutfaden, der aus seinem Mundwinkel sickerte. Ich sah, wie sich Entsetzen in die Züge des Zwergen schlich. Der Mensch schüttelte nur den Kopf. "Gegenzauber" sagte er leise.
Also lernte er gerade diese Blutmagie-Dinge, bei denen man gegen Schaden am eigenen Körper Zauber wirken konnte. Einer der Wege der Menschen, die magische Überlegenheit der anderen Völker auszugleichen, war ihre Lebensenergie. Und so setzten sie Blut zur Kontrolle der Magie ein. In meiner Heimat - in dem Land, das einst meine Heimat gewesen war - ließen sie ihr Blut in den Minen.
Ich lächelte schwach. Ich hatte vergessen, dass nicht alle Magier so streng waren wie mein Meister. Die Cabale zu Tulderon waren ja die Netten. Natürlich. Mit Sicherheit. Und Brakaz Sarr, und das Dämonenauge, und der Zwerg... Sämtliche zwielichtigen, irgendwie gefährlich wirkenden Kreaturen versammelten sich in der Cabal zu Tulderon. Trotzdem galten sie als neutral - während wir, die Cabala Serpentis, nur einen schlechten Ruf hatten.
Ich musste zu meinem Meister. Er war ein mächtiger Magier, nicht mehr weit davon entfernt, seine Prüfung zum Erzmagus abzulegen. In seiner Nähe würden sie es nicht wagen, mir etwas anzutun!
"Vielen Dank für Eure Hilfe!" Brakaz Sarr machte eine spöttische Verbeugung. Ich sprang auf, froh, der unangenehmen Nähe des Zwerges entfliehen zu dürfen, ordnete mein Kleid und meinen Umhang und ging floh zurück in die relative Sicherheit meiner Runen. Meister Shafal war verschwunden. Ich entschied mich dagegen, nach ihm zu suchen.
Wenn ich wenigstens ein paar anständige Runen zustande brachte, wäre er vielleicht nicht ganz so wütend auf mich. Vielleicht würde er dann darauf verzichten, mich zu disziplinieren.
Ich tunkte die Feder vorsichtig in das Tintenfass. Die Stimme meines Meisters riß mich aus der deprimierten Trance, in die mich der Anblick der Runen versetzt hatte.
"Adeptin! Gil! Mein Tee ist alle!"
Ich legte die Feder hastig weg, verschraubte das Tintenfass und sprang auf. Alles war wie immer.
Zuletzt geändert von Ewa Baumgarten am So 25. Apr 2004, 20:20, insgesamt 3-mal geändert.
Viviona Winterkind
Benutzeravatar
Ewa Baumgarten
König
Beiträge: 591
Registriert: Mo 28. Jul 2003, 18:24
Wohnort: Hamburg
Kontaktdaten:

Beitrag von Ewa Baumgarten »

So, mehr Con-Bericht gibt es nicht, da habe ich keine Lust!
Viviona Winterkind
Antworten